18. August 2014

Die Gefahren der Gefahrenzonen



Beschluss der Mitgliederversammlung vom 02.07.2014:

Am 23.06.2014 berichtete der Kölner Stadtanzeiger, dass die Polizei 11 Gefahrengebiete in Köln ausgerufen hat von denen einige schon seit geraumer Zeit bestehen. Das bedeutet, dass alle die sich innerhalb dieser Zonen aufhalten ohne ersichtlichen Grund durch die Polizei kontrolliert, durchsucht und mit einem Platzverweis belegt werden können. Ein ähnliches Szenario gab es im Winter im Hamburger Schanzenviertel. Diese Maßnahmen und ihre Folgen, welche erhebliche Gegenproteste und Unruhen in der Zivilbevölkerung auslösten, zeigten aufgrund fehlender Erfolge, dass so ein Verfahren weder effektiv noch angemessen ist. Diese Vorgehensweise schürt Ängste in der Bevölkerung, wertet gewisse Stadtteile pauschal ab und stellt jede*n Büger*in unter Generalverdacht. Hier kann deswegen klar von einem Machtmissbrauch der Exekutive durch nicht nachvollziehbare Schikane gesprochen werden, die Tendenzen in Richtung eines Überwachungstaates aufweisen. Da noch nicht einmal bekannt ist, welche Gebiete in Köln genau von den Auflagen betroffen sind, kann mensch hier von einer klaren Umgehung der Transparenz, welche einen wichtigen Baustein der Demokratie darstellt, sprechen.

Grundrechte werden ausgesetzt und Bürger*innen der Willkür der Polizeibeamt*innen unterworfen, welche somit eine hierarchische Aufwertung erhalten und Kompetenzen übertragen bekommen, die nicht mit unserem Weltbild einer freien und demokratischen Gesellschaft konform sind. Weiterhin besteht dieGefahr, dass Kontrollen vermehrt aus Motiven der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit vorgenommen werden könnten und als Folge dessen bestimmte Gruppen, wie Menschen mit Migrationshintergrund, Homo*transsexuelle oder andere, massiv diskriminiert und in ihrer Menschenwürde angegriffen werden. Zumal oft nicht nur eine Form wirkt, sondern vielmehr eine intersektionelle [1] und verstärkende Diskriminierung. Hautfarbe, Geschlecht, Religion, Bildung, Einkommen, Behinderung, sexuelle Orientierung, Alter, Attraktivität und andere Diskriminierungen addieren sich nicht nur, sondern führen noch dazu zu eigenständigen Diskriminierungsformen, sodass ein hohes Risiko besteht, dass racial profiling [2] zum Tragen kommt.

All diese Faktoren machen deutlich, dass das Verhalten in Bezug auf die angeblich risikoreichen Gebiete falsch und intransparent ist und für eine liberale Gesellschaft nicht tragbar sein kann.

Wir als Grüne Jugend Köln fordern die Aufhebung der Gefahrenzonen und appellieren auch an den Rat der Stadt Köln, insbesondere die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, sich gegen diese willkürlichen Handlungen der polizeilichen Behörden einzusetzen.

Weiterhin fordern wir, dass auf Landesebene langfristig der Paragraph 12 des PolG NRW [3], welcher unter anderem die Errichtung von Gefahrengebieten legitimiert, überarbeitet wird. Solange jedoch diese Regelung in Köln angewendet wird, muss umgehend dafür gesorgt werden, dass alle Zonen samt ihrer Grenzen genau offen gelegt werden.

 

[1]:

Intersektionalität:

Fusion unterschiedlicher Diskriminierungen zu eigenständigen, stärkeren, ineinander überggreifenden und aufeinander aufbauenden Diskriminierungen, sodass die einzelnen Diskriminierungsformen nicht mehr scharf voneinander trennbar sind.

[2]:

Racial profiling bedeutet, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Nationalität oder Religion den Kriterien der kontrollierenden Instanzen, wie Polizei oder Zoll, entsprechen und aus diesem Grund häufiger kontrolliert werden als Personen, welche nicht diesem Profil entsprechen. So ist es gängige Praxis, dass ein dunkelhäutiger, junger Mann aufgrund seiner Hautfarbe, Alter und Geschlecht auf Drogenbesitz kontrolliert wird.

[3]:

§ 12 PolG NRW

Identitätsfeststellung

(1) Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen,

1. zur Abwehr einer Gefahr,

2. wenn sie sich an einem Ort aufhält, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
a) dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben,

b) sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen,

c) sich dort gesuchte Straftäter verbergen,

3. wenn sie sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen oder diese Objekte gefährdet sind, und dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist,

4. an einer Kontrollstelle, die von der Polizei eingerichtet worden ist, um eine Straftat

nach § 129a des Strafgesetzbuches, eine der in dieser Vorschrift genannten

Straftaten oder eine Straftat nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a) oder b), Abs. 2 Nr. 1, nach §255 des Strafgesetzbuches in den vorgenannten Begehungsformen oder nach § 27 des Versammlungsgesetzes zu verhüten. Die Einrichtung der Kontrollstelle ist nur mit Zustimmung des Innenministeriums oder einer von diesem beauftragten Stelle zulässig, es sei denn, dass Gefahr im Verzug vorliegt.

(2) Die Polizei kann die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann die betroffene Person insbesondere anhalten, sie nach ihren Personalien befragen und verlangen, dass sie Angaben zur Feststellung ihrer Identität macht und mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Die betroffene Person kann festgehalten werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 3 können die betroffene Person sowie die von ihr mitgeführten Sachen durchsucht werden.



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